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19.10.2019 - 29.11.2019


Henri Michaux


"Idoles"





Im dritten Heft der franz. Zeitschrift Verve erscheint 1938 ein Essay von Henri Michaux unter dem Titel Idoles. Darin beschäftigt er sich mit der bildhaften und körperlich religiösen Praxis Indiens, das er zuvor bereist hatte. Michaux sieht in Indien das notwendige Primat der leiblichen Welt mit allen damit einhergehenden Abgründen als erfüllt - Leib, mit der derselben Sprachwurzel wie Leben, meinte ursprünglich die Person, das Selbst, welches die Welt erlebt. Den Göttern werden Körper angeboten, sie leben mitten unter den Menschen, der zu jeder Zeit praktizierte Kult der Inder der Inder erzwingt die göttliche Präsenz auf Erden. Im Westen verdrängten und negierten Jahrhunderte des Monotheismus, des Skeptizismus und Atheismus, der erklärten Feinde der Idolatrie, diese Gegenwart. In Indien sieht man sich, sieht Michaux sich durch die allgegenwärtige, körperlich vollzogene Devotion mit diesem Verlust konfrontiert. Die »Idole«, nun nicht pejorativ als Götzen, sondern im eigentlichen Sinn des Wortes als Bilder zu verstehen, sind Geschautes, Erlebtes, sie sind diesseitige Verkörperungen, nicht Kodierung, Zeichen oder Symbole, auch nicht Ausdruck von Irrationalität oder Aberglauben, sondern eine menschliche Notwendigkeit, die einem entrückten Spiritualismus bewusst eine diesseitige, leibliche Realität entgegensetzt. *


Kurz danach startet Henri Michaux (1899-1984) auch mit bildnerischen Arbeiten, von denen wir Werke aus vier Jahrzehnten zeigen.
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