08.10.2021 - 17.12.2022


Herbert List


"Von Sex-Appeal und Tod
Lists Metaphysische Fotografie"


Das vielschichtige Werk des Hamburger Fotografen Herbert List (1903 - 1975), entzieht sich einer klaren Zuordnung. Vielmehr inszeniert es die Überschreitung der einzelnen Genres, aus denen es sich zusammensetzt. So findet sich die Direktheit und Spontanität von Straßenfotografie in seinen erotischen Bildern junger Männer ebenso wieder, wie die sich langsam einstellende Intimität langwieriger Portrait-Sitzungen. Ausgefeilte Aufnahmen der Kulturrelikte Hellas erscheinen durch Komposition und Lichtregie wie symbolisch aufgeladene Stillleben. Und Aufnahmen mumifizierter Mönche aus sizilianischen Katakomben versprühen die Atmosphäre kommunikativer Lebendigkeit.

So wie sich seine Werkgruppen einer klassischen Typisierung entziehen, ist auch sein Stil ein Hybrid der Kunstströmungen seiner Zeit: Über die Neue Sachlichkeit verliebt List sich in die Detailtreue und Direktheit des Mediums Fotografie. Mit dem Einfluss von Surrealismus und der Pittura Metafisica verschmilzt diese Realitätsnähe zu poetischen Bilderrätseln, deren Stil die gesamte Umwelt zu einem Laboratorium künstlerischer Bildfindungen werden lässt. Auch in Zeiten in denen Stillleben, Architektur- und Landschaftsaufnahmen sein Werk bestimmen, ist im Zentrum seines Interesses stets der Mensch und die Conditio Humana: Nicht zuletzt verdeutlicht sich dieses in seinen Portraits und reportageähnlichen Bildgeschichten, bei denen ihn besonders eine hintergründige Bildfindung motiviert. Die großen Themen des menschlichen Lebens lassen sich in fast allen seinen Werken entdecken. Besonders Liebe und Tod als das Nicht-Darstellbare, reizen List als Fotografen, der in seinen häufig melancholisch anmutenden Bildern dem Abwesenden die Aufmerksamkeit zu schenken sucht. (Peer-Olaf Richter)

München wurde für Herbert List zur Wahlheimat nach dem II. Weltkrieg. Nachdem die letzte große monographische Ausstellung hier im Fotomuseum des Stadtmuseums gut 20 Jahre zurück liegt, werden in der Ausstellung Arbeiten aus unterschiedlichen Werkphasen zu sehen sein. In der Fotografie zeigte Kunstparterre zuletzt den Fotografen Peter Hujar mit seinen "Portraits in Life and Death". Mit Herbert List gibt es somit ein "Back to the Future". Denn in der großen Gruppe an Portraits von Freunden und Künstlern einerseits, sowie den Palermo-Mumien andererseits, hat dessen Werk nicht nur thematisch einen Bezug zum Werk von Hujar, sondern lässt auch eine Verwandtschaft im Geiste mit dem nachgeborenen New Yorker Fotografen spürbar werden.

Wir danken Peer Olaf Richter vom Herbert List Nachlass für die tatkräftige Unterstützung, die diese Ausstellung erst ermöglicht.


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